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Gedanken zur Corona-Krise
April 2020
Liebe Kunst- und Yogaschüler/innen, liebe Freunde und liebe Mitmenschen!
Es ist nur noch „Corona“ in unseren Köpfen, in unseren Gesprächen, in den öffentlichen Medien, und vieles uns Menschen existenziell Betreffende verschwindet aus dem Fokus des allgemeinen Bewusstseins. Der folgende Text – vielleicht nicht ganz leicht zu lesen - möchte auf Möglichkeiten hinweisen, wie aus dem „Umkreis von Corona“ auch positive individuelle und gesellschaftliche Impulse entstehen können.
Wie würde Friedrich Schiller vielleicht über „Corona“ denken?
Friedrich Schiller hat in seinen Ästhetik-Schriften eine besondere Art der Gedankenbewegung. Er zeigt, wie wir Menschen den Gesetzen der Materie und der Sinneswelt unterworfen sind. Wenn wir z.B. nichts zu essen haben hungern wir, fallen wir vom Balkon brechen wir uns etwas, nehmen wir Gifte erkranken wir. Auch sind wir den Gesetzen der Vererbung unterworfen. Überall hier herrscht Naturgesetzlichkeit und diese lässt Freiheit nicht zu!
Neben dieser Stoffeswelt gibt es ein zweites Reich: die Welt der Idee, der Werte, der Moralität. Auch hier herrscht Unfreiheit und ich werde unter Spannung gesetzt!
Will ich mein Leben moralisch ausrichten, so darf ich nicht morden, stehlen, lügen usw. Ich kann wahrhaftig leben wollen, dann darf ich aber nicht einfach über etwas hinwegsehen, was mit dieser
Wahrhaftigkeit im Wiederspruch steht. Will ich ein ethisches oder religiöses Leben führen sind die entsprechenden Regeln auch hier für mich bindend.
Gäbe es nach Schiller nur diese zwei Welten wäre der Mensch ein den Naturgewalten ausgeliefertes Wesen und ein idealistischer, religiöser oder moralischer „Automat“, der diese Werte zu erfüllen
hätte.
Nun kann aber der Mensch seine Ideale mit der Sinneswelt verbinden. Und hier – einzig und allein hier – herrscht Selbstbestimmung und Freiheit. Ich kann aus eigener innerer Aktivität heraus
bestimmen, welche ästhetischen Gesetze ich beim Kunstschaffen, beim Gestalten meines Mittagessens, meines Wohnzimmers oder Gartens zur Erscheinung bringen möchte. Im sozialen Miteinander – ein Gebiet
der Lebenskunst - wähle ich frei, ob ich Klarheit, Gesetzesumsetzung oder Toleranz walten lasse möchte. Schiller nennt diese Möglichkeit des freien Gestaltens die Fähigkeit zu „Spielen“. Es ist ein
kreatives „Spiel“, das die Ideale mit der Welt der Sinne/Materie in eine neue Ordnung bringt. Dadurch können wir Menschen neben Idee und Materie ein neues Reich der Freiheit, Schönheit und Güte
schaffen. Nach Schiller kann eine bessere Welt nicht entstehen, wenn sie nur durch Regeln und Gesetze verwirklicht und durchgesetzt werden soll, oder dadurch, dass durch Bereitstellung materieller
Güter alle sinnlichen Bedürfnisse gestillt werden. Nur die innere Aktivität, das „Spiel“ ermöglicht diesen Entwicklungsschritt. Deshalb formulierte Schiller: „ Der Mensch ist nur Mensch, wo er
spielt“.
Nun kann man bedenken, dass Schiller eine medizinische Ausbildung zum Arzt absolviert hatte. Es ist faszinierend, wie sein Ästhetisches Denken sich problemlos ins
Medizinische übertragen lässt! Es gibt zwei Extreme, in denen der Mensch sein Menschsein verlieren kann. Der Körper kann während „akuter Erkrankungen“ alle Prozesse beschleunigen, Fieber entwickeln,
im Körper Substanzen umbauen, abbauen und auflösen. Andererseits kann er aber auch in“ chronischen Erkrankungen“ den Körper verhärten, sklerotisieren oder durch verlangsamte Prozesse Substanzen
ablagern (Arteriosklerose, Steinbildungen, Kalkschulter usw.). Solange der Mensch sein Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen aktiv hält ist er gesund, verfällt er einem Pol, so
erkrankt er oder er stirbt sogar und verliert damit sein Menschsein. Nur solange der Mensch im Spannungsfeld dieser 2 Pole „spielen“ kann ist er Mensch. Dieser medizinische Ansatz
findet sich auch schon bei Paracelsus.
Von der Medizin zur Psychologie ist es nur ein kleiner Schritt. Auch hier kann der Mensch in zwei Extreme abrutschen, durch die er dann seine Freiheit verliert. Er
kann sich verhärten, Zwangsstrukturen und Zwangsgedanken entwickeln, sich isolieren und Ängsten ausgesetzt sein, die diesen Prozess dann noch immer weiter verstärken können.
Oder aber der Mensch kann manisch oder hysterisch werden, dissoziieren, sich nur noch Zerstreuungen und „Genussexzessen“ hingeben und dabei seine innere Struktur verlieren oder aber völlig
irrrational reagieren und sich dabei immer mehr seelisch „auflösen“ und gegebenenfalls in Angst und Panik verfallen.
Und damit stehen wir nun plötzlich in der Mitte des aktuellen Coronageschehens.
Einerseits starren wir wie gebannt auf die täglich neuen Ansteckungszahlen, werden durch Gesetze in den Zwangsurlaub geschickt, verlieren die freie Gestaltung unseres Alltags. Wir sehen, wie immer
mehr unser Feld der Selbstbestimmung und Freiheit durch Regelungen eingeengt wird.
Auf der anderen Seite versuchen wir die auftretende Isolation und Angst durch Horten von materiellen Gütern abzuwenden und uns mit Konsum von Musik, Filmen, Spielen und Internet zu unterhalten,
abzulenken oder uns einfach nur „wegzubeamen“.
Und wen vergessen wir in diesen fremdbestimmten, chaotischen ängstigenden Zeiten? Gerade den, um den es ja eigentlich gehen sollte - den Menschen, der kreativ, schöpferisch ist, der „spielen“
kann und der dadurch etwas zu verändern vermag, etwas Neues schaffen kann, Zukunft gestalten kann!!!!
Welche Möglichkeiten haben wir, mit dieser verrückten Situation umzugehen?
Das einfachste wird sein, man gibt alle Entscheidungskompetenzen einschließlich seines gesunden Menschenverstandes ab, da ja die Politiker und Fachleute am besten informiert sind und wissen, was das
Beste für einen ist. Man verpasst möglichst keine Nachrichten, um auf dem Laufenden zu bleiben und man lässt es sich zu Hause gut gehen, schaut fern, surft im Internet, hört Radio und lässt die Seele
baumeln. Klingt schön! Nach Schiller geben wir uns aber so nur den Gesetzen und den Regeln hin und ordnen uns diesen passiv unter. Wie lassen die Sinneswelt vor allem in Form moderner Medienreize auf
uns wirken und geben uns auch ihnen passiv hin. Wir erfahren und erleben vielleicht viel, werden am Ende vielleicht sogar noch „gescheit“, aber das, was innere Aktivität ist, was Kreativität ist, was
im Sinne Schillers „spielen“ bedeutet und unser Menschsein ausmacht, wird zurückgedrängt, gelähmt und ausgehebelt. Wir degradieren dann zu artigen passiven Konsumenten oder werden krank,
aggressiv oder gar destruktiv.
Nach Schiller ginge es also vor allem darum, die innere Aktivitätsfähigkeit, die Selbstbestimmung und Selbstgestaltung zu stärken.
Im Folgenden nun Vorschläge, wie man meiner Meinung nach gesünder und vielleicht sogar gestärkt aus der Coronakrise hervorgehen könnte. Natürlich lassen sich die aufgeführten Punkte beliebig abändern und ergänzen.
Erweiterung des eigenen Raumes
Stärkung der täglichen Abläufe:
Bewusstsein im Sozialen Umfeld:
Stärkung des eigenen inneren Wesens:
Wer glaubt, dass nach Corona die Welt so weitergeht wie zuvor, der täuscht sich unseres Erachtens. Es konnte in der Vergangenheit beobachtet werden, dass Pandemien im Gegensatz zu Naturkatastrophen nicht zu mehr Gemeinschaft und Solidarität führen, sondern zu einer „Entsolidarisierung“.
Nutzen wir die Zeit der Krise zur inneren Stärkung wie zuvor angeregt.Nutzen wir die durch die CoronaKrise entstehenden zeitlichen Freiräume und neuen Erfahrungsfelder und nehmen unser Leben freigestaltend selbst in die Hand! Nur so können wir das soziale Miteinander beleben und gestalten und damit freie Bürger bleiben, die die Gesellschaft stärken und tragen.
Andreas und Brigitte Donat
Andreas und Brigitte Donat
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